Strategie: Fundraising in Krisenzeiten

Kriege in der Ukraine und Nahost, nationale und internationale Instabilitäten und Naturkatastrophen. Auf den ersten Blick bringt die hohe Belastung der Menschen auch für die Hilfsorganisationen besondere Herausforderungen mit sich. Die mögliche Folge: Deren Spender*innen könnten künftig weniger oder gleich gar nicht mehr spenden.

In solchen unsicheren Zeiten suchen die Menschen aber auch nach Kontrolle – und das tun sie unter anderem, indem sie für wohltätige Zwecke spenden. So können sie die Probleme der Welt ein wenig in den Griff bekommen und vielleicht ein bisschen zu deren Lösung beitragen.

Um Hilfsorganisationen auch in schwierigen Zeiten bei der Spendenakquise zu unterstützen, hat Bas van Bremen, Senior Fundraising Consultant unseres niederländischen Mutterunternehmens Mindwize, 9 Tipps für ein Fundraising in Krisenzeiten für Sie zusammengestellt.

9 Tipps für Ihr Fundraising in Krisenzeiten

1. Spender*innen wissen, was ihnen wichtig ist

Ihre Spender*innen haben nicht erst jetzt, sondern bereits vor der Krisenzeit ihre Prioritäten festgelegt und sich auf dieser Grundlage dazu entschieden, für Ihre Hilfsorganisation zu spenden.

Die jetzige Weltsituation hat die Rahmenbedingungen vielleicht verändert. Die persönlichen Gründe der Spender*innen, sich für Sie zu engagieren, sind jedoch die gleichen geblieben.

2. Gehen Sie auf die aktuelle Situation ein – und sagen Sie Ihren Spender*innen, warum sie wichtig sind

Ja, natürlich, das ist eine unsichere Zeit: Für Ihre Hilfsorganisation und für Ihre Spender*innen. Und indem Sie genau das erwähnen, zeigen Sie, dass Sie Ihre Unterstützer*innen verstehen.

Das können Sie zum Beispiel auf diese Weise tun:

„Liebe*r <Name>,

unsere Welt scheint im Moment manchmal ein dunkler Ort zu sein. Schreckliche Kriege, Naturkatastrophen und grassierende Unsicherheit. Das kann einen verzweifeln lassen. Vielleicht haben Sie ja auch das Gefühl, jegliche Kontrolle verloren zu haben.

Doch ich bin gleichzeitig optimistisch. Und wissen Sie auch, warum?
Ich weiß, dass ich immer auf solidarische Menschen wie Sie zählen kann. Und das ist unglaublich wertvoll für unsere Arbeit. […]

[Spendenaufruf]

Wenn jetzt für Sie nicht der richtige Zeitpunkt für eine Spende ist, verstehe ich das natürlich. Die steigenden Lebenshaltungskosten treffen uns alle.

Aber wenn Sie trotz allem jetzt in der Lage sind, jemandem in Not zu helfen, freuen wir uns in jedem Fall sehr über eine Spende. Wie groß sie auch ausfallen mag.

Vielen Dank für Ihre Unterstützung auch in diesen schwierigen Zeiten.“

3. Es geht (mehr denn je) um die Wirkung der Spende und nicht um Sie

Es ist wichtiger denn je, dass Sie Ihren Spender*innen zeigen, dass sie mit ihrer Spende wirklich etwas bewirken. Dass sie mit ihrem Beitrag in dieser unsicheren Welt etwas ändern können. Und, dass ihr Geld Gutes für etwas tun kann, das sie selbst für wichtig erachten.

4. Überlassen Sie den Spender*innen die Entscheidung, ob sie spenden

Der Anstieg der Lebenshaltungskosten hat selbstverständlich auch Auswirkungen auf Ihre Spender*innen. Auf den ersten Blick erscheint es unlogisch, dass sie Ihnen Geld geben, das sie selbst dringend benötigen.

Ein häufiges Argument von NPOs lautet daher:
„Wie kann ich meine Spender*innen in diesem Moment um eine Spende bitten? Sie haben ganz andere Dinge im Kopf, Sie haben selbst Probleme. Wir sollten sie nicht mit einer Spendenaufforderung belästigen.“

Aber genau das ist der falsche Gedanke. Es ist besser, die Sache umzudrehen. Legen Sie die Entscheidung in die Hände Ihrer Spender*innen. Sie sind ganz alleine in der Lage zu entscheiden, ob sie etwas geben können oder nicht.

Eines ist jedoch sicher: Wenn Sie keinen Spendenaufruf tätigen, haben Sie keine Spendeneinahmen.

5. Erreichen Sie Ihre besonders engagierten Spender*innen

Es empfiehlt sich, den Fokus auf diejenigen Spender*innen zu richten, die in den vergangenen Jahren besonders viel und oft gespendet haben. Konzentrieren Sie sich auf die Menschen, die Ihnen auch in schwierigeren Zeiten treu bleiben werden.

6. Schreiben Sie Nicht-Spender*innen nicht ab

Seien Sie gleichzeitig vorsichtig mit voreiligen Schlüssen: Vielleicht möchte eine Person eigentlich gern etwas spenden, hat aber im Moment keine ausreichenden Ressourcen dafür zur Verfügung. Es bestehen gute Chancen, dass dieser Mensch wieder auf Sie zukommt – sobald er oder sie es sich wieder leisten kann.

7. Nicht den Kopf in den Sand stecken

Was wir aus der Corona-Krise gelernt haben, ist, dass einige Hilfsorganisationen ihre Hände in den Schoß gelegt und ihre Spender*innen nicht mehr angeschrieben haben. Sie haben auch keine neuen Spender*innen mehr gefunden. Diese NPOs hatten und haben es schwer, wieder auf die Beine zu kommen.

Die Organisationen, die den Kopf nicht in den Sand gesteckt haben, gingen tatsächlich gestärkt aus der Corona-Krise hervor. Wie haben sie das geschafft?

  • Sie kommunizierten weiterhin mit ihren Spender*innen.
  • Sie konzentrierten sich darauf, ihren Spender*innen noch überzeugendere Angebote zu machen.
  • Sie strukturierten ihre Angebote für schwerer zu erreichende Spender*innen neu.
  • Und sie arbeiteten intensiv daran, (weiterhin) neue Spender*innen zu erreichen.

8. Identifizieren Sie gebefreudige Spender*innen

Einige Spender*innen werden weniger geben können, während andere jedoch sogar etwas mehr geben wollen. Denn manche Menschen sind von Krisenzeiten weniger betroffen und sich bewusst, dass Hilfsorganisationen gerade eine harte Zeit durchmachen.

Identifizieren Sie diese gebefreudigen Spender*innen und richten Sie eine spezielle Journey für sie ein.

9. Andere Spendenmöglichkeiten aufzeigen, die den Geldbeutel nicht sofort belasten

Einige Spender*innen werden tatsächlich weniger geben können. Dies ist der richtige Zeitpunkt, um ihnen zu zeigen, dass sie sich auch auf andere Weise einbringen können, beispielsweise durch

  • Testamentspenden,
  • eine Einmalspende zusammen mit der Erlaubnis, nach einem Jahr angerufen zu werden,
  • eine Spende, die z.B. über drei Monate verteilt wird, und danach automatisch stoppt.